Noch interessieren sich deutsche Verbraucher recht wenig fürs Bezahlen mit dem Handy. Nur gut jeder Zweite findet es vorteilhaft, mit dem Handy zu bezahlen. In anderen Ländern, beispielsweise in Brasilien oder China ist das Interesse an mobilen Bezahlsystemen wesentlich größer. Momentan ist die Kreditkarte bei vielen Menschen ein überaus wichtiges Zahlungsmittel. Jedoch mit der rasanten Entwicklung im Smartphone-Bereich wird immer mehr versucht, das Handy als mobiles Zahlungsmittel zu etablieren. Auch wenn in einigen Ländern mangels einer funktionierenden Banken-Infrastruktur, wie beispielsweise in Kenia, das Handy schon längst die Rolle eines Girokontos ausfüllt, stellt sich doch Frage, ob damit schon das Ende der weltweit beliebten Kreditkarten angebrochen ist.
Glaubt man den vollmundigen Versprechungen einiger großer Internet-Player, wie Google oder PayPal, die mit mobilen Bezahlverfahren unseren Alltag künftig verändern wollen, sind Kreditkarten ein Auslaufmodell. Fakt ist jedoch, dass zwar schon seit Jahren Zahlungslösungen für Smartphones erprobt werden, die aber alle noch mehr oder weniger in den Kinderschuhen stecken. Auch die großen Kreditkarten-Organisationen schauen dem Ganzen keineswegs untätig zu. Sie sind keineswegs bereit, das Feld kampflos zu räumen. Die Finanzriesen blasen zur Aufholjagd und suchen nach Verbündeten und gehen Kooperationen mit Schwergewichten wie Samsung, Telefonica oder der Deutschen Telekom ein.
Fast alle Experten rechnen aber damit, dass sich in den kommenden Jahren das Bezahlen im Alltag völlig ändern wird. Es wundert daher kaum, dass Vorreiter wie PayPal, Google, Square oder Payleven zunehmend Konkurrenz durch die etablierten Kreditkarten-Anbieter und deren mächtige Verbündete bekommt.
Ein Überblick über mobile Bezahlsysteme:
- Vor allem die Ebay-Tochter PayPal möchte das mobile Bezahlen revolutionieren. Der Zahlungsdienstleister will in der zweiten Hälfte des Jahres ein Projekt in den USA testen, bei dem beispielsweise Restaurantbesucher schon zu Hause ihr Essen bestellen und die Bestellung online an das Restaurant weitergeben. Treffen die Gäste im Restaurant ein, kann das Essen gleich serviert werden. Solche und ähnliche Projekte sollen in Deutschland frühestens erst 2014 anlaufen. Kontraproduktiv für PayPal sind jedoch der miserable Kundenservice und die zum Teil intransparenten Vertragsklauseln. Erst kürzlich hat der Verbraucherzentrale Bundesverband deswegen Klage eingereicht.
- Der zum Telefonkonzern Telefonica gehörende Mobilfunkprovider O2 plant in Deutschland die Einführung der digitalen Brieftasche. Dabei soll neben dem Zahlen per Handy auch die Überweisung von einem Mobilfunkkonto zum anderen möglich sein, wobei der Überweisende sein Mobilfunkkonto, ähnlich wie bei einer Prepaid Kreditkarte, vorher aufladen muss. Funktionieren soll das Ganze mittels einer speziellen App.
- MasterPass ist das mobile Bezahlsystem von MasterCard , das auch anderen Finanzdienstleistern zur Verfügung gestellt wird. Bezahlt wird mit dem Smartphone, indem im Geschäft der Strichcode eingescannt wird. Auch Smartphones mit NFC-Chip sind ebenso wie Bezahl-Buttons in Online-Shops in dieses System integriert. Anfang 2014 soll das System in Deutschland eingeführt werden. In Australien und Kanada läuft es bereits.
- Paywave ist das Konkurrenzsystem von Visa, das bereits ab Werk auf allen Samsung Smartphones mit NFC-Chip installiert ist. Banken können mit diesem System Kundeninformationen direkt auf die Smartphones laden. Zudem arbeiten die beiden Konzerne bei der Entwicklung zukünftiger Geräte mit Visa Zahlungstechnologie zusammen. Die NFC-Technologie funktioniert recht einfach. Zum Bezahlen wird einfach das Smartphone, bzw. die mit NFC-Chip versehene Kreditkarte vor das Kassenterminal gehalten.
- myWallet heißt das digitale Bezahlsystem der Deutschen Telekom, das noch in diesem Jahr in Deutschland eingeführt werden soll. Als Basis dient eine App, die auf Smartphones läuft und verschiedene kontaktlose Bezahlmethoden in sich vereint. Das System wird bereits seit letzten Herbst mit Erfolg in Polen erprobt und soll in diesem Jahr in fünf weiteren Ländern, darunter auch in Deutschland, durchstarten.
- Das Berliner Unternehmen Payleven verfolgt einen anderen Ansatz. Ein Modul, das in Smartphones eingesteckt werden kann, soll das herkömmliche Kassensystem überflüssig machen. Gerade erst vor wenigen Tagen hat Payleven eine Kooperation mit Apple bekannt gegeben. Ab sofort wird das Payleven-Modul über die Apple-Stores sowie im Apple-Online-Store vertrieben.
- SumUp, ein deutscher Zahlungsdienstleister, an dem unter anderem auch American Express beteiligt ist, bevorzugt wiederum ein System, das mit Geodaten arbeitet. Betritt beispielsweise ein Kunde ein Geschäft oder Restaurant, so werden dessen Daten und Foto auf einem Tablet-Computer angezeigt, der als Kassenterminal eingesetzt wird. Nach einem Daten- und Fotovergleich kann der Verkäufer den Zahlvorgang abschließen, wobei weder das Handy noch der Geldbeutel die Hosentasche des Kunden verlassen müssen.
Fazit: Fakt ist, dass in Deutschland noch immer rund 82 Prozent aller Zahlungen bar getätigt werden. Diese Gewohnheit wird trotz all den vollmundigen Äußerungen mancher Anbieter so leicht nicht zu ändern sein. Welchen Anteil dieses Kuchens mobile Zahlungssysteme irgendwann einmal auf sich vereinigen können, steht in den Sternen. Wer letztlich im Rennen der mobilen Bezahlsysteme die Nase vorne haben wird, ist noch lange nicht entschieden. Erst jetzt kommt der Wettbewerb langsam in Schwung. Es wird sich zeigen, welche Systeme von den Verbrauchern angenommen werden. Noch gibt es zu viele Sicherheitsbedenken bei den vollmundig angepriesenen neuen Systemen von PayPal und ähnlichen Anbietern.
Fragt man hingegen die Verbraucher, bei welchem Anbieter sie das Sicherheitsrisiko am geringsten bewerten, so haben die etablierten Finanzdienstleister ganz klar die Nase vorn. Speziell Banken wird hier das größte Vertrauen entgegengebracht. Rund drei Viertel der Deutschen würden beim Bezahlen per Handy einer Kooperation aus Finanzdienstleistern und Mobilnetzbetreibern am meisten vertrauen. International stimmen dem rund zwei Drittel der Verbraucher zu. Eine kurze Recherche im Internet ergibt, dass insbesondere nach Begriffen wie „kündigen“, „deaktivieren“ oder „sperren“ in Verbindung mit mobilem Bezahlen gesucht wird.
Im Umkehrschluss heißt das wohl, dass viele Kunden mit den bisherigen Angeboten alles andere als zufrieden sind. Allein schon aus diesem Grunde wird es noch lange dauern, bis das bewährte Plastikgeld aufs Abstellgleis kommt und durch mobile Bezahlsysteme ersetzt wird. Bis das soweit ist, müssen die mobilen Zahlungssysteme wirklich sicher und kinderleicht zu bedienen sein. Bis dahin wird es noch Millionen von Verbrauchern geben, die es vorziehen, bei Banken und Finanzdienstleistern lieber eine Kreditkarte zu beantragen.
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