Seit Oktober letzten Jahres bieten die Sparkassen ein sogenanntes „Bürgerkonto“ an, ein Girokonto für jedermann, dass es insbesondere Menschen mit negativem Schufa-Eintrag ermöglicht, ein Bankkonto auf Guthabenbasis zu eröffnen, um so am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilzunehmen. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ unlängst berichtete, stößt das neue Konto der Sparkassen auf großes Interesse. Seit letztem Herbst wurden rund 80.000 dieser Konten für Menschen mit finanziellen Problemen eingerichtet, die zuvor oft jahrelang ohne eigenes Konto auskommen mussten.
So schön das auch alles klingen mag, Fakt ist jedoch, dass sich die deutsche Kreditwirtschaft bereits 1995 dazu verpflichtet hatte, allen Bürgern, denen wegen negativer Schufa-Einträge ein normales Bankkonto verweigert wurde, zumindest ein Bankkonto auf Guthabenbasis, also ohne Überzugmöglichkeit, einzurichten. Immerhin hat es 17 Jahre gedauert, bis die Sparkassen reagiert haben und als erste Bankengruppe diese Selbstverpflichtung ohne Wenn und Aber umgesetzt haben. Zu vermuten ist, dass die EU-Planungen, Banken generell dazu zu verpflichten, EU-Bürgern ein Konto zu garantieren, dabei eine Rolle gespielt haben könnten. Nach Schätzungen der EU-Kommission besitzen noch immer rund 670.00 EU-Bürger, die älter als 15 Jahre sind, kein eigenes Bankkonto und werden damit von immer wichtiger werdenden Bereichen des täglichen Lebens ausgegrenzt.
Ganz neu ist aber auch die Verpflichtung der Sparkassen nicht. Schon bisher gab es in verschiedenen Bundesländern einen Erlass, der die Sparkassen dazu verpflichtete, jedermann ein Girokonto einzurichten, zumindest auf Guthabenbasis. Die „Offensive“ des Sparkassenverbandes und der angeschlossenen Sparkassen kann daher auch als Umsetzung der Pflicht für Sparkassen betrachtet werden, die jetzt auf alle Bundesländern ausgedehnt wurde. Zudem kann es als gelungener PR-Schachzug gewertet werden, der drohenden EU-Richtlinie zur garantierten Einrichtung von Bankkonten für jedermann zu entgehen.
Verbraucherschützer kritisieren die deutsche Kreditwirtschaft schon lange wegen ihres zögerlichen Verhaltens, allen finanziell schwachen Menschen Möglichkeiten anzubieten, am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilzunehmen. So kommt es nicht von ungefähr, dass Anfang Mai von der EU-Kommission ein Richtlinien-Entwurf vorgestellt wurde, wonach jedem EU-Bürger der Anspruch auf ein Konto auf Guthabenbasis garantiert werden soll.
In anderen EU-Mitgliedsstaaten, beispielsweise in Österreich, gibt es solche Angebote schon lange. Hier gibt es die „Zweite Sparkasse“, die verschuldeten Menschen und sogar Menschen ohne festen Wohnsitz ein Konto einrichtet und dazu noch eine Versicherung, die sowohl eine Hausrat- als auch eine minimale Rechtsschutzversicherung umfasst, für ganz kleines Geld anbietet.
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