Am 20. Oktober hat Apple in den USA seinen neuen Bezahldienst mit dem Ziel gestartet, das bisher eher wenig erfolgreiche Bezahlen mit dem Smartphone endlich zu einem Erfolgsmodell zu machen. Besitzer der neuen iPhone Generation, iPhone 6 und iPhone 6 Plus, können in den USA seitdem Apple Pay nutzen, um in Läden, Restaurants und in Apps einfach mit der digitalen Version ihrer Kreditkarte zu bezahlen. Bestätigt wird die Zahlung per Fingerabdruck. Nach gut 4 Wochen ist es an der Zeit, ein erstes Resümee zu ziehen.
Während Google, PayPal und viele andere Unternehmen bisher vergeblich versuchten, dem mobilen Bezahlen zum Durchbruch zu verhelfen, scheint die Einführung von Apple Pay in den USA durchaus zu einer Erfolgsstory zu werden. Bisher dümpelten die diversen mobilen Bezahldienste im amerikanischen Markt eher so vor sich hin, was vor allem auch daran liegt, dass mit diesen Systemen das Einkaufen nicht einfacher, sondern im Gegenteil eher komplizierter geworden ist. All diese Systeme benötigen zu viele Schritte bevor man zahlen kann. Wen wundert es, dass das Ergebnis war dato eher ernüchternd ausfiel, kaum jemand nutzte in der Praxis diese Bezahldienste.
Auch diverse Werbeaktionen von Paypal halfen nicht weiter. So standen Mitarbeiter von Paypal vor Restaurants und boten fünf Dollar Rabatt an, wenn jemand im Restaurant via Paypal seine Rechnung bezahlte. Doch um den Dienst von Paypal zu nutzen, muss man erst eine App herunter laden, sich mit seinem Passwort und Benutzernamen anmelden, das betreffende Geschäft oder Restaurant in der App suchen und anschließend noch verschiedene Eingaben bestätigen, bevor die Zahlung durchgeführt wird. Einfach geht wohl anders.
Google Wallet und all die anderen Dienste, die auf Android Smartphones basieren und ebenfalls mit der NFC-Technologie (Near-Field-Communication) den internationalem Übertragungsstandard zum kontaktlosen Austausch von Daten nutzen, machen es kaum besser. Auch hier muss man sich entweder bei einem separaten Nutzerkonten anmelden bzw. das Smartphone entsperren und einen Code eingegeben, bevor eine Zahlung ausgeführt werden kann. Wer will schon solche Systeme benutzen, die in ihrer Handhabung einfach viel zu umständlich sind.
Apple Pay hingegen funktioniert recht einfach. Man braucht weder ein gesondertes Nutzerkonto, noch muss man den Service vorher mit Guthaben aufladen. Es ist auch keine App notwendig, die installiert oder geöffnet werden muss, und ein Passwort muss man sich schon gar nicht behalten.
In Geschäften oder Restaurants, die durch ein betreffendes Logo anzeigen, dass hier die Zahlung via Apple Pay möglich ist, zückt man einfach in der Nähe einer Kasse sein iPhone, um damit zu bezahlen. Man braucht weder über das Display zu wischen, noch irgendetwas einzutippen. Per Nahfeld-Kommunikation wird eine Verbindung mit dem Kassenterminal hergestellt. Ist man nahe genug an der Kasse, erscheint auf dem Bildschirm des iPhones das Bild einer Kreditkarte. Läuft gerade irgendeine Anwendung, so wird diese für den Zahlvorgang unterbrochen. Zur Bestätigung der Zahlung hält man einfach den Finger auf den Touch-ID-Sensor. Das funktioniert jedoch nur mit dem Fingerabdrücken, der vorher einmalig registriert wurde. Ein fremder, nicht im Gerät registrierter Fingerabdruck wird abgewiesen.
Auch die Aktivierung von Apple Pay auf dem iPhone gestaltet sich sehr einfach. Dazu muss lediglich einmalig das Pluszeichen in der bereits vorhandenen Passbook-App angetippt werden. Im Anschluss verlangt die App die Freischaltung der Kreditkarte, die zukünftig für Bezahlvorgänge benutzt werden soll. Das geschieht, indem man entweder die Kreditkartennummer eintippt oder einfach die Karte mit der integrierten Kamera ablichtet. Einfacher geht es eigentlich kaum noch.
Die folgenden Fakten belegen, dass Apple Pay durchaus das Zeug dazu hat, auch das mobile Bezahlen zu revolutionieren und vielleicht sogar das Zeug dazu hat, zumindest in den USA das Portemonnaie zu ersetzen:
- Das System ist, wie man es von Apple gewohnt ist, sehr benutzerfreundlich. Die Bedienung ist simpel einfach.
- Apple Pay ist weitaus sicherer als die Konkurrenzlösungen. Es ist das erste Zahlungssystem, das Token an NFC-Kartenterminals sendet. Von der Technik her basiert das System von Apple auf der neuen Sicherheitsarchitektur von Mastercard und Visa. Anstelle von Kreditkartennummern sollen künftig Token an die Kassenterminals von Handel und Dienstleistern gesendet werden.
- Das System mit der virtuellen Kreditkarte im iPhone funktioniert problemlos und wird von den Kunden akzeptiert. Innerhalb der ersten drei Tage nach der Einführung wurden eine Million Kreditkarten aktiviert.
- Apple hat sich den richtigen Zeitpunkt für den Markteinstieg ausgesucht. Bis zum September nächsten Jahres müssen in den USA alle Einzelhändler, die noch Terminals einsetzen, die mit dem Auslesen der Magnetstreifen funktionieren, auf neue Terminals mit neuen Sicherheitsstandards (Chip und PIN) umstellen. Die neuen Terminals verfügen über NFC-Technologie und ermöglichen das kontaktlose Bezahlen.
- Mit dem Bezahldienst von Apple kann nicht nur beim Händler oder in Restaurants bezahlt werden, sondern auch in Apps kann man künftig mit Apple Pay bezahlen. Damit wird den Nutzern die Möglichkeit gegeben, auch für physische Güter und Dienstleistungen in Apps einfach und sicher zu zahlen. Für die Verwendung des Bezahldienstes müssen weder Nutzer noch Händler oder Entwickler zusätzliche Gebühren zahlen.
- Bei der Fastfoodkette McDonalds wird seit der Einführung jede zweite mobile Zahlung über Apple Pay abgewickelt, obwohl das Bezahlsystem derzeit nur auf dem neuen iPhone 6 läuft. Bei Whole Foods, einer großen Einzelhandelskette mit rund 380 Läden, werden inzwischen rund 1% der Einkäufe per Apple Pay bezahlt.
- Jack Dorsey, der Gründer von Square, einer Firma die Kassensysteme für kleine und mittelständische Unternehmen anbietet, die mit iPhones und iPads kompatibel sind, hat gerade in einem Interview mit CNN bestätigt, dass zukünftige Produkte kompatibel mit Apple Pay sein werden.
- In Apple Pay ist der Standard der Finanzbranche „EMVCo tokenization“ implementiert. Die Daten der Kreditkarten bleiben geheim. Im Gegensatz zu fast allen anderen Systemen werden keine Kreditkartendaten an die Händler übermittelt. Zahlungen mit Apple Pay hinterlassen keine Datenspur. Konkurrenzsysteme von Google, Paypal und auch das CurrentC-System der US-Einzelhändler, das im nächsten Jahr eingeführt werden soll, wollen nach eigenen Regeln spielen. Sie bauen nicht auf den Standard der Finanzbranche. Diese Bezahlsysteme sind hinter den Transaktionsdaten her, um die daraus entstehenden Profile ihrer Nutzer anderweitig zu vermarkten.
- Um ihren eigenen mobilen Bezahldienst „CurrentC“, der im nächsten Jahr starten soll, zu etablieren, haben große US-Einzelhandelsketten ihre NFC-Terminals nach der Einführung von Apple Pay deaktiviert. Mit der US-Handelskette Meijer schert nun erstmals ein Mitglied aus dem Händler-Konsortium MCX aus und akzeptiert weiterhin Zahlungen per iPhone.
- Die Zahl der Ausgabe-Banken von Debit- und Kreditkarten, die Apple Pay unterstützen, steigt rasant. Neben den bereits bestehenden Partnerschaften mit großen Playern wie Amexco, Bank of America und Wells Fargo Bank, hat Apple jetzt auch Barclaycard, USAA, US Bank, Navy Federal und PNC als Partner gewonnen. Nach Angaben von Apple haben inzwischen über 500 Banken zugesagt, ihre Karten für den Bezahldienst freizuschalten.
- Sicherheitsexperten sagen, dass Apple Pay wesentlich sicherer ist, als eine Plastikkarte bei sich zu haben. Daten werden verschlüsselt übertragen und die Zahlungen sind versichert. Wer sein iPhone verliert, kann Zahlungen sofort über die Apple Webseite sperren lassen. Ohne den registrierten Fingerabdruck kann ohnehin niemand mit dem iPhone zahlen.
Das größte Risiko besteht darin, dass Diebe versuchen, gestohlene Kredit- oder Debitkarten mit einem iPhone zu aktivieren und mit dem eigenen Fingerabdruck zu verbinden. Einige Banken verlangen daher, dass man eine Hotline anruft, um sich zu identifizieren, bevor die Karte für Apple Pay freigeschaltet wird.
- NFC-Fähigkeit allein genügt nicht. Derzeit sind nur wenige Android-Smartphones in der Lage, sichere Zahlungen per NFC auszuführen. Zudem muss bei allen Geräten mit Android-OS eine App von einem Drittanbieter installiert werden, um überhaupt mobiles Bezahlen zu ermöglichen.
Seit der Einführung von Apple Pay profitiert aber auch der Konkurrenzdienst Google Wallet in den USA vom Boom. Anscheinend erinnern sich Android-User jetzt daran, dass auf ihren Geräten ein ähnlicher Bezahlservice vorhanden ist und greifen seitdem verstärkt zu ihren Smartphones, um damit zu bezahlen.
- Update 25.11.2014: Apple Pay wird jetzt an den Supermarkt-Kassen von Albertsons (einschließlich Shaw’s und Jewel Osco) sowie Southeastern Grocers (Bi-Lo und Winn-Dixie), zwei weiteren großen US-Einzelhandelsunternehmen akzeptiert.
Trotz aller Erfolgsmeldungen ist Apple Pay jedoch bisher eher ein Nischenprodukt. Bis zum endgültigen Durchbruch ist es noch ein weiter Weg. Das größte Problem besteht vor allem darin, dass nur ein geringer Teil der Einzelhändler Zahlungen via Apple Pay akzeptiert. Bisher sollen es rund 220.000 Geschäfte und Restaurants sein, die Zahlungen via Apple Pay annehmen. Nicht immer sind auch alle Kassen mit NFC-Technologie ausgestattet. Es gibt bisher auch noch keine App, die es erlaubt, nach Geschäften oder Restaurants zu suchen, in denen per Apple Pay bezahlt werden kann.
Es muss daher vor allem das Ziel sein, relativ schnell mehr Einzelhändler zu gewinnen, die den neuen Bezahldienst akzeptieren. Banken und Verbraucher profitieren vom neuen System, für Einzelhändler ergeben sich jedoch wenig Anreize jetzt in neue Kassentechnik zu investieren. Weder bietet Apple günstigere Transaktionsgebühren, noch werden Kundendaten übermittelt bzw. hauseigene Kundenkarten unterstützt.
Branchengrößen, wie Walmart oder die Drogerieketten CVS und Rite-Aid verfügen zwar über die neue Technologie, blockieren aber Apple Pay einfach aus dem Grunde, weil sie in das konkurrierende CurrentC-System investiert haben, das im kommenden Jahr gestartet werden soll. Zum einen sind es die Gebühren, die gezahlt werden sollen, die vor allem die Branchenriesen davon abhalten, Apple Pay zu akzeptieren, zum anderen haben sich alle Partner, die in das noch in der Entwicklungsphase befindliche CurrentC-System investieren, dazu verpflichtet, dieses System exklusiv zu unterstützen. Von der Bedienung her scheint es jedoch eher, dass CurrentC wohl ein Rückschritt bedeutet. Bezahlt wird anscheinend, indem mittels einer App ein Code gescannt werden muss.
Es steht wohl außer Zweifel, das die Zukunft dem kontaktlosen Bezahlen gehört. Es wird jedoch noch lange Zeit brauchen, bis das digitale Portemonnaie im Smartphone das Zahlen mit Münzen und Scheinen ablösen wird. Apple Pay ist zwar auf einem guten Weg dorthin, aber ersetzen kann es die Brieftasche oder die Geldbörse noch nicht.
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